Mittwoch, 17. November 2010

Eigentlich mag ich Adobe. Schon als Schüler war ich fasziniert von den Möglichkeiten, die Photoshop und Illustrator bieten – und davon, wie präzise und farbtreu man damit arbeiten kann. Ende 2008, also gut zehn Jahre später, habe ich dann endlich eine Kopie der ›Creative Suite‹ erstanden, mit der ich gerne arbeite. Außerdem verwalte ich meine gesamte Bildersammlung mit ›Photoshop Lightroom‹, das meine Anforderungen hinsichtlich Bildverwaltung und -bearbeitung annähernd perfekt erfüllt und mir damit immer wieder große Freude bereitet.

Zugegeben: Vollkommen glücklich bin ich nicht – besonders daß die Creative-Suite-Anwendungen mit schöner Regelmäßigkeit abstürzen, wenn ich sie beenden will, ist schon ziemlich lästig. Aber von professioneller Software, die nicht mehr kostet als ein mehrere Jahre alter Kompaktwagen, kann man ja auch nicht alles erwarten.

Die beiden mit großem Abstand bekanntesten Adobe-Anwendungen hingegen sind erstens – völlig legal – kostenlos erhältlich und zweitens das beste Beispiel für die alte Volksweisheit »was nichts kostet, ist nichts wert«. Der geneigte Leser hat es vielleicht schon erraten: Es geht um ›Acrobat Reader‹ und ›Flash Player‹.

Akrobatisches

Die Ursprünge von Adobe liegen in der Programmiersprache PostScript, die sich ab 1982 nach und nach als Standard im Bereich hochwertiger Drucker und Belichtungssysteme etablierte. (In den folgenden Jahren kamen als weitere Geschäftsfelder eine große Schriftartensammlung und Anwendungen wie die beiden eingangs erwähnten hinzu.) Auf der Grundlage von PostScript brachte man dann 1993 das Portable Document Format auf den Markt, eine Art elektronisches Papier, das man mit dem kostenpflichtigen Acrobat Distiller gewissermaßen bedrucken und mit dem kostenlosen Acrobat Reader anschauen und natürlich auch auf echtes Papier ausdrucken konnte. Diese PDF-Dateien sind für viele Anwendungsfälle ziemlich praktisch – vor allem wenn man einen Apple-Rechner benutzt, der von Haus aus sehr gut mit diesem Format zurechtkommt.

Die Leute mit Windows haben es da nicht ganz so gut – sie sind zum Lesen von PDF-Dateien weitgehend auf den oben genannten ›Adobe Reader‹ angewiesen, der seit 17 Jahren wie ein häßlicher Fels in der Brandung stetig benutzerfreundlicher werdender Software steht und in dem regelmäßig mehr oder weniger schwere Sicherheitslücken gefunden und notdürftig geflickt werden. Aber auch unter Mac OS kommt man bei komplizierten PDF-Formularen nicht immer ohne das Original von Adobe aus. Immerhin bietet dieses eine Einstellmöglichkeit an, mit der man festlegen kann, daß es sich aus dem Web-Browser heraushalten soll.

Natürlich sind regelmäßige Updates auch bei selten genutzter Software sinnvoll – besonders wenn es wie hier fast immer um zu schließende Sicherheitslücken geht. Deswegen weiß ich es zu schätzen, daß der ›Adobe Reader Updater‹ sich selbständig regelmäßig darum kümmert und mir Bescheid gibt, sobald es eine neue Version gibt. Im allgemeinen verläuft der Update-Prozeß dann auch erfreulich reibungslos und schnell und quittiert die ordnungsgemäße Aktualisierung mit einem entsprechenden Hinweis.

Aber … was ist denn das? Im Browser aufgerufene PDF-Dateien fühlen sich plötzlich wieder so unnatürlich und schwerfällig an. Wenn man genauer hinschaut, stellt man fest, daß Adobe seinen Reader ungefragt wieder implantiert hat. Und tatsächlich: In den Reader-Einstellungen ist die entsprechende Option wie von Geisterhand wieder aktiviert.

Meine diesbezüglichen Hinweise an Adobe haben leider bis heute keinerlei Reaktion herbeigeführt:

Dear Adobe, when I allowed Acrobat Reader to update to 9.3.3 I did not want to get your lousy Safari plug-in back. (1. Juli 2010)

Dear Adobe, when I told Reader a few weeks ago to disable its Safari plugin I did not check an “until the next minor upgrade” box. (8. Oktober 2010)

Dear Adobe, when I told Reader yesterday again to disable its Safari plugin I did not check an “until Acrobat Pro is updated, too” box. (9. Oktober 2010)

Blitzdings

Das ›Flash‹-System, das seit 1997 das Web bunter, ›interaktiver‹ und überhaupt anstrengender macht, wurde damals von der Firma Macromedia auf den Markt gebracht und läuft seit der Übernahme im Jahre 2005 unter der Marke Adobe. Es besteht seit jeher aus

Bei aller Kritik darf man natürlich nicht vergessen, daß Youtube ohne Flash sicherlich nicht bzw. erst zwei oder drei Jahre später entstanden wäre – aber auf Firmen wie Zynga, die mit eigentlich schrecklich einfallslosen und obendrein schlecht gemachten Flash-Spielen wie Farmville ungefähr eine Viertelmilliarde Dollar jährlich umsetzen, und vor allem auf Werbebanner, die ungefragt in die Lieblingsmusik hineinbrüllen, könnte ich ziemlich gut verzichten.

Ich habe auf meinem Rechner vor einiger Zeit die Safari-Erweiterung ClickToFlash installiert und freue mich seither darüber, daß mein etwas betagter Rechner wieder halbwegs benutzbar ist und vor allem die Zahl der Abstürze deutlich zurückgegangen ist. Vergleichbare Erweiterungen gibt es übrigens auch für andere Browser – besonders empfehlenswert ist aus meiner Sicht Flashblock, das sowohl für Google Chrome als auch für Mozilla Firefox erhältlich ist. Da es inzwischen mit HTML 5 möglich ist, Videos ganz ohne Flash direkt in Webseiten zu integrieren, und Apple die iOS-Plattform, die mit iPhone und iPad einen wichtigen Marktanteil im Web hat, konsequent flashfrei hält, bin ich inzwischen zuversichtlich, daß diese Plage in den nächsten Jahren zumindest deutlich zurückgehen dürfte.


Rainer Pleyer hat sich übrigens neulich auch schon mal über Adobe ausgelassen.